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Pensionskassenreform - Abstimmung 2024

Wie funktioniert die Pensionskassenversicherung eigentlich? Was steckt hinter der BVG-Reform 2024 und wer profitiert, respektiert verliert?

Wie funktioniert die Pensionskassenversicherung eigentlich? Was steckt hinter der BVG-Reform 2024 und wer profitiert, respektiert verliert?

Am 22. September 2024 wird die stimmberechtigte Bevölkerung der Schweiz über Änderungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (2. Säule, umgangssprachlich auch Pensionskasse genannt) abstimmen, welche im Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) geregelt ist.

Diese Abstimmung betrifft nur die obligatorische berufliche Vorsorge. Überobligatorische Pensionskassenanteile sind nur am Rande tangiert. Die meisten Arbeitnehmer:innen sind überobligatorisch versichert. Somit wären ca. 15% der Versicherten1 direkt von der BVG-Reform 2024 betroffen.

Der folgende Beitrag erklärt die Funktionsweise der obligatorischen Pensionskasse, und welche Änderungen die zur Abstimmung vorliegenden BVG-Reform vorschlägt. Die Funktionsweise der überobligatorischen Pensionskasse erklären wir im entsprechenden Beitrag.

Wie funktioniert die (obligatorische) Pensionskasse zur Zeit

Arbeitende Personen und ihre Arbeitgeber:innen zahlen auf das Pensionskassenkonto des/der Arbeitnehmers:in ein. Die Pensionskasse legt das Geld an. Die Rendite der Pensionskassenanlagen minus der Pensionskassenkosten (z.B. Verwaltung, Makler, Anlage Managers, Reserven für schlechte Jahre, …) geht als Verzinsung an die Versicherten. Auch wenn die Pensionskassen “schlecht” anlegen, respektive die Finanzmärkte nicht gut “performen”, werden die Pensionskasseneinlagen mit dem Mindestzinssatz von 1.25% (2024) pro Jahr verzinst.

Um obligatorisch bei einer Pensionskasse versichert zu sein muss ein:e Arbeitnehmer:in zur Zeit mindestens 22’050 Franken verdienen (Mindestlohn) und mindestens 25 Jahre alt sein (2024). Der versicherte Lohn (koordinierte Lohn) entspricht dem Jahreslohn (AHV-Lohn2) bis 88’200 Franken minus dem Koordinationsabzug von 25’725 Franken3. Für Löhne zwischen 22’050 und 29’400 beträgt der versicherte Lohn 3675 Franken (= 29’400 - 25’725). Der Prozentsatz welcher vom versicherten Lohn für die Pensionskasse abgezogen wird hängt vom Alter ab.

Tabelle 1, Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen

Alter in JahrenSparbeiträge des Versicherten Lohnes in %
25–347 %
35–4410 %
45–5415 %
55–6518 %

Der Anteil des Jahreslohnes über 88’200 Franken ist nicht mehr obligatorisch versichert.

Wird eine Person pensioniert, so kann sie entscheiden, ob sie sich das angesparte Geld (Altersguthaben) auf einmal ausbezahlen will oder eine jährliche Rente beziehen will (ein Mix ist auch möglich). Die jährliche Rente entspricht dem Altersguthaben multipliziert mit dem Umwandlungssatz. Den Umwandlungssatz legt jede Pensionskasse selbst fest. Je höher der Umwandlungssatz ist, um so mehr Rente kriegt der/die Versicherte nach der Pensionierung. Der Umwandlungssatz muss aber mindestens dem Mindestumwandlungssatz entsprechen. Dieser beträgt seit 2014 6.8% (2024) und wurde in der Vergangenheit mehrmals gesenkt.

Tabelle 2, Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen

Geschlecht20102011201220132014
Männer7.00%6.95%6.90%6.85%6.80%
Frauen6.95%6.90%6.85%6.80%6.80%

Aber wieso hatten in der Vergangenheit Frauen einen tieferen Mindestumwandlungssatz und somit eine tiefere Rente bei gleichem Alterskapital? Die 2. Säule (Pensionskasse) sollte im Durchschnitt (innerhalb von Gruppen) einer Person soviel Rente auszahlen, wie die Person, zusätzlich Kapitalrenditen, einbezahlt hat. Das Prinzip der 2. Säule ist, dass jede und jeder für die eigene Rente spart. Da Frauen älter werden und gemäss dem Referenzalter 3 früher in Pension gehen, muss das Alterskapital für eine länger Zeit ausreichen. Deshalb kann Frauen pro Jahr weniger ausbezahlt werden.

Was ist der Hauptpunkt der Revision des BVGs

Wir werden immer älter. Damit unser angespartes Alterskapital (im Durchschnitt über die Versicherten) bis zum Tode reicht, muss das Kapital langsamer ausbezahlt werden, als wenn die Bevölkerung weniger alt wird. Deshalb schlägt die Gesetzesrevision vor, den Umwandlungssatz von 6.8% auf 6% zu senken. Mit dem Vorschlag kriegen die Versicherten, für das gleiche Alterskapital, pro Jahr knapp 12% (!) weniger Rente, doch sollte die Finanzierung der Rente bis zum Tode des:der Versicherten garantiert sein (Sicherung der Finanzierung der 2. Säule).

Damit die Versicherten nicht viel weniger Rente erhalten, werden die Beiträge durch die folgenden Massnahmen erhöht:

  1. Koordinationsabzug: 20% des versicherten Lohnes anstatt fix 25’725 Franken.
  2. Senkung des Mindestlohnes von 22’050 auf 19’845 Franken und Senkung des Eintrittsalters von 25 auf 18 Jahre.
  3. Änderung der Sparbeiträge: Höhere Sparbeiträge für junge und tiefere Sparbeiträge für ältere Arbeitnehmende.

1. Änderung des Koordinationsabzuges:

Art. 8. Abs 1 (BVG - Vorschlag): Zu versichern sind 80 Prozent des Jahreslohnes bis 88’200 Franken. Dieser Teil wird koordinierter Lohn genannt.

Die Änderung des Koordinationsabzuges würde zu höheren Beiträgen der Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen führen. Dies würde das heutige verfügbare Budget reduzieren, erhöhte jedoch das zukünftige Alterskapital. Das höhere Alterskapital würde teilweise die Renteneinbussen kompensieren, welche durch Reduktion des Umwandlungssatzes hinzunehmen wären.

Die ursprüngliche Idee hinter dem Koordinationsabzug war eine Doppelversicherung des AHV-Rentenanteils zu vermeiden. In diesem Sinne wäre ein fixer Koordinationsabzug richtig, da alle Rentner:innen, respektive verheiratete Rentnerpaare, unabhängig ihrer ursprünglichen AHV-Beiträge (abhängig vom Lohn als Aktive) die selbe AHV-Rente beziehen.

2. Senkung des Mindestlohnes:

Dieser Punkt wird vom Bundesrat und den Befürwortern stark betont, da es Arbeitnehmer:innen mit tiefen Löhnen in der Zukunft eine Rente aus der 2. Säule garantieren soll. Eine Rente, finanziert durch diese tiefen Einkommen wird sehr tief sein und das heutige sowieso schon tiefe verfügbare Einkommen weiter reduzieren. Ich gehe davon aus, dass diese Leute im Alter nicht mehr zur Verfügung haben werden, da die Ergänzungsleistungen um die Rente reduziert werden. Durch die Ergänzungsleistungen haben wir ein Umverteilungssystem (von wohlhabenden zu ärmeren Leuten) welches mit der BVG-Reform abgeschwächt würde.

3. Sparbeiträge:

Die Änderung der Sparbeiträge macht Sinn, da damit ältere Arbeitnehmer:innen etwas weniger (künstlich) teurer werden als jüngere Arbeitnehmer:innen. Wer von jung an schon die neuen Sparbeiträge einbezahlt, sollte bei der Rente auch ungefähr gleich viel Alterskapital angespart haben wie mit den bisherigen Sparbeiträgen. Schlechter dastehen werden ältere Arbeitnehmer:innen, da sie und ihre Arbeitgeber:innen in jungen Jahren die bisherigen tiefen Sparbeiträge geleistet haben, und bei der Annahme der Revision tiefere Sparbeiträger einzahlen als zur Zeit vorgesehen sind.

Pensionierte / Rentner

Die “positive” erwartete erhöhte Langlebigkeit betrifft nicht nur Arbeitnehmer:innen, sondern ist schon Realität für heutige Rentner. Obwohl die 2. Säule (Pensionskasse) dem Beitragsprinzip folgt, haben heutige Rentner nie in die Pensionskassen einbezahlt, was sie heute als Rente beziehen (im “Durchschnitt” von Kohorten / Gruppen mit ähnlichen Merkmalen wie Jahrgang, Geschlecht, …). Dies bring viele Pensionskassen in finanzielle Schwierigkeiten und erzeugt eine gewisse Dringlichkeit für eine Reform der 2. Säule. Obwohl die Generation der heutigen Rentner einen grossen Teil der Probleme der 2. Säule verantworten, wagte es die BVG-Reform nicht, auch die heutigen Rentner:innen in eine mögliche Lösung einzubeziehen.


Footnotes

  1. Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS)

  2. AHV-Lohn = Monatslohn + 13. Monatslohn + Überstundenentschädigungen + Bonus. Der AHV-Lohn enthält keine Spesen und Zulagen.

  3. Der koordinierte Lohn (versicherte Lohn) bewegt sich zwischen mindestens 3’675 und maximal 62’475 Franken. Der Koordinationsabzug entspricht dem Teil des Lohnes, der in der Regel bereits durch die AHV/IV abgedeckt ist und verhindert somit eine Doppelversicherung. 2



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