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Überobligatorische Pensionskassenbeiträge
Der überobligatorischen Pensionskasse unterliegen nur wenigen Regeln. Die Versicherten sind einem guten und verantwortungsvollen Management ihrer Pensionskassengelder noch mehr ausgesetzt als in der obligatorischen Pensionskasse.
Die überobligatorische Pensionskasse ergänzt die obligatorische Pensionskasse. Da diese nur wenige gesetzliche Vorschriften einhalten müssen, ist ein gutes, verantwortungsvolles Management der Pensionskassengelder noch entscheidender als in der obligatorischen Pensionskasse. Schon heute, vor der Abstimmung zur BVG-Reform 2024, müssen viele überobligatorisch Versicherte tiefere Umwandlungssätzen hinnehmen als die Reform vorschlägt.
Die überobligatorische Pensionskassen
Die meisten Versicherten sind zusätzlich zur obligatorischen Pensionskasse überobligatorisch versichert. Sie und ihre Arbeitgeber:innen bezahlen zusätzlich zum Obligatorium in ihre Pensionskasse (PK) ein.
Jahreslöhne von 22’050 bis 88’200 Franken pro Jahr (per 2024) unterliegen dem Obligatorium. Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen bezahlen auf diesem Lohnanteil gesetzlich (obligatorisch) festgelegte Beitragssätze in die Pensionskasse des/der Arbeitnehmer:innen ein. Diese Pensionskassengelder müssen mit dem gesetzlich vorgegebenen Mindestzinssatz verzinst werden. Das bis zur Pensionierung angesparte Alterskapital, inklusive Zins und Zinseszins, wird bei der Pensionierung mit den Umwandlungssatz in eine jährliche Rente umgerechnet. Die Pensionskassen sind (gesetzlich) verpflichtet, auf dem obligatorisch angesparten Alterskapital einen minimalen Umwandlungssatz (Mindestumwandlungssatz) für die Altersrente anzuwenden (mehr Details zur obligatorischen Pensionskasse erklären wir im Artikel zur Pensionskassenreform - Abstimmung 2024).
Pensionskassenbeiträge, welche über dem Minimum liegen, sind überobligatorisch. Die Verzinsung und die Umwandlungssätze dieses überobligatorischen Alterskapital sind nicht gesetzlich geregelt und unterliegen der Sorgfaltspflicht der Pensionskassen. Somit sind überobligatorisch Versicherte “zwei” unterschiedlichen Zinssätzen und Umwandlungssätzen exponiert:
- Der obligatorische Pensionskassenanteil wird mindestens gesetzeskonform verzinst und umgewandelt.
- Der überobligatorische Teil unterliegt dem Ermessen der Pensionskassen. Diese entscheiden selbständig über die Verzinsung und den Umwandlungssatz1
Diese Aufteilung in einen obligatorischen und einen überobligatorischen Teil resultiert in einer effektiven Verzinsung und einem effektiven Umwandlungssatz für das gesamte (obligatorisch und überobligatorisch) Alterskapital. Der effektive Umwandlungssatz für das gesamte Alterskapital wird auch umhüllender Umwandlungssatz genannt. Überobligatorische Versicherte müssen sich schon heute mit deutliche tieferen Umwandlungssätzen (im Durchschnitt beträgt der umhüllende Umwandlungssatz 5.3%) abfinden als der obligatorische Mindestumwandlungssatz.
Der effektive Zins- und Umwandlungssatz für die aktiv Versicherten hängt hauptsächlich von zwei Komponenten ab welche das PK-Management teilweise steuern kann:
- Wie gut und erfolgreich die Pensionskassengelder auf den Finanzmärkten angelegt werden, ohne zu hohe Risiken einzugehen, und
- wie stark die Umverteilung von den aktiv Versicherten zu den Pensionierten ist.
Der 2. Punkt ist sehr relevant. Die heutigen Pensionäre:innen sparten nie das Alterskapital an, was sie mit den heutigen Umwandlungssätzen als Rente beziehen. So müssen die aktiv Versicherten die heutigen Renter:innen querfinanzieren, in dem sie deutlich tiefere Zinsen auf ihrem Kapital erhalten, als die Pensionskassen auf den Finanzmärkten erwirtschaften, und in dem sie bei der Pensionierung tiefere Umwandlungssätze hinnehmen müssen. Diese Umverteilung steht im Widerspruch zur Grundidee der 2. Säule. Das fundamentale Problem für die Pensionskassen ist die Langlebigkeit unsere Gesellschaft, was eine sehr positive Errungenschaft ist.
Falls eine Pensionskasse sehr schlecht geführt wird, kann auch es auch dazu führen, dass das überobligatorische Kapital die obligatorischen Minimus querfinanziert. Die verschiedenen Möglichkeiten für Querfinanzierungen führen zu “leverages” des überobligatorischen Pensionskassenkapitals, was ein gutes und verantwortungsvolles Management noch wichtiger macht, als für den obligatorischen PK-Anteil.
BVG-Reform 2024, Abstimmung vom 22. September 2024
Der Kernpunkt der BVG-Reform 2024, über welche am 22. September 2024 abgestimmt wird, ist die Senkung des Umwandlungssatzes für den obligatorischen Teil des Alterskapitals in der Pensionskasse. Davon sind die überobligatorisch Versicherten kaum betroffen. Sinkt zum Beispiel der obligatorische Umwandlungssatz wie in der BVG-Reform 2024 ) vorgeschlagen, so bleibt mehr für das überobligatorische Alterskapital übrig und der umhüllende Umwandlungssatz ändert sich nicht für überobligatorisch Versicherte. Somit würde sich für die meisten Pensionskassenversicherten bezüglich des Umwandlungssatzes mit der Rentenform 2024 wenig ändern (ca. 85% der PK-Versicherten sind überobligatorisch versichert). Sie wären vor allem von Übergangszahlungen betroffen, die politisch als Ausgleich für Personen zwischen 50 und 65 Jahren für die Kürzung des Umwandlungssatzes ausgehandelt wurden. Doch würde auch für sie die garantierte Altersrente sinken2. Etliche Pensionskassen würden wohl auch die Änderung der Sparbeiträge der BVG-Reform übernehmen (Höhere Sparbeiträge für junge und tiefere Sparbeiträge für ältere Arbeitnehmende).
Footnotes
Speziell firmeninterne Pensionskassen sind verpflichtet alles Geld, inklusive Kapitalrenditen, den Versicherten zukommen zu lassen. Jede Kasse bestimmt selbst, wie viel sie Pensionierten (über höhere Renten) oder Aktiven (über bessere überobligatorische Leistungen) zukommen lässt. ↩
Im Extremfall kann der Umwandlungssatz für das überobligatorische Kapital auf 0% sinken und nur der minimale Umwandlungssatz auf dem obligatorischen Alterskapital angewandt werden. ↩